Aktienanalyse Kraft Heinz: Comeback oder Rohrkrepierer

Ihr habt es euch gewünscht, ihr bekommt es: eine ausführliche Aktienanalyse zu Kraft Heinz. Das Unternehmen ist vor allem für seinen Ketchup und seine Saucen bekannt. In den letzten Jahren war das Unternehmen massiv in der Krise. Jetzt scheint das Schlimmste überwunden. Heute analysieren wir die Aktie mit meinem Rational Handeln Score und prüfen, ob die Aktie aktuell kaufenswert ist.

Kraft Heinz entstand 2015 aus einem Merger von Kraft Foods und Heinz. Im Februar 2017 versuchte Kraft Heinz auch noch Unilever für 143 Milliarden Dollar in einem “hostile takeover” zu übernehmen. Letztlich scheiterte der Deal. Kraft Heinz übernahm dafür einige andere Unternehmen und verkaufte wiederum andere Sparten. Der Aktienkurs geriet seitdem in einen wahren Abwärtsstrudel. Statt mit einer langfristigen Vision das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen, brachten die hohen Schulden, zu geringe Margen, angestaubte Marken und Kostensparprogramme Kraft Heinz immer wieder in Probleme. In 2019 wurde dann letztlich die Dividende massiv gekürzt. 

Aber schauen wir uns doch mal als erstes den aktuellen quantitativen Rational Handeln Score mit den wichtigsten Kennzahlen an. Bevor ich das beantworte kurz der Disclaimer: Meine Videos sind keine Empfehlung oder Anlageberatung, sondern nur meine persönliche Meinung. Denkt selber nach, recherchiert und handelt dabei immer möglichst rational. Die möglichen Risiken aus Investitionen müsst ihr selber verantworten. Lest euch auch den Disclaimer auf rationalhandeln.de/disclaimer. 

Hier ist der Rational Handeln Score. Das bereinigte KGV des Unternehmen ist laut Aktienfinder 12. Das rein bilanzielle KGV wäre sogar fast 20. Ich verwende aber immer den bereinigten Gewinn des Aktienfinders. Dafür gibt es zwei Punkte. In den letzten fünf Jahren gab es eine Aufholjagd beim Gewinn (nachdem er vorher stark gefallen war). Das Gewinnwachstum der letzten fünf Jahre beträgt daher 25%. Für die kommenden fünf Jahre sind die Analysten pessimistischer. Minus 3,5%. Das Kurs-Umsatz-Verhältnis ist unter 2. Die Langfristverschuldung nur noch bei 46%. Zu den Schulden kommen wir später nochmal genauer. Die waren nämlich schon mal deutlich höher.

Die Dividende schrumpfte die letzten 5 Jahre im Schnitt um 10%. Die aktuelle Dividendenrendite ist bei 4,4%. Die Dividende wurde im letzten Jahr nicht erhöht, aber die letzten zwei Jahre zumindest nicht mehr gesenkt. Selbst im Corona-Crash nicht. Die Profitmarge ist uner 10%. Die Auszahlungsquote über 80%. Die Aktie notiert wieder fast 20% unter ihrem 52-Wochen-Hoch aus dem Sommer 2021. Aktuell kommt die Aktie auf knapp 74%. Um als kaufenswert eingestuft zu werden, müsste Kraft Heinz also im qualitativen Rational Handeln Score mindestens 126% machen. Beginnen wir mit dem Geschäftsmodell.

Kraft Heinz ist ein Lebensmittelkonzern. Die beiden bekanntesten Marken sind auch direkt im Namen enthalten: Kraft und Heinz. In Deutschland kennt man sie vor allem von Ketchup, Mayo und anderen Saucen. Capri Sonne und Philadelphia kennen sicherlich auch noch viele. Ich habe alle Marken hier einmal eingeblendet. Diese Marken hat Kraft Heinz nochmal in sechs “Consumer Plattforms” aufgeteilt. Übrigens ist Kraft Heinz die fünftgrößte Position im Portfolio von Warren Buffets Firma Berkshire Hathaway. Er war auch federführend dafür verantwortlich, dass die beiden Firmen in 2015 einen Merger durchführten. Buffett hatte Heinz schon lange im Portfolio und sah in Kraft die perfekte Ergänzung. Später gab er zu für Kraft zu viel bezahlt zu haben. Seit 2015 ging es für den Aktienkurs von Kraft Heinz nur nach unten. Hier ist der Aktienkurs eingeblendet. Wie in meinem Video zu “Don’t buy the dip” beschrieben, liegen harte Jahre hinter allen Kraft Heinz Aktionären.

Das Geschäftsmodell selbst ist relativ simpel. Kraft Heinz stellt Lebensmittelprodukte her, vermarktet diese und verkauft sie primär über Supermärkte und Großhändler. Wie am Anfang bereits angekündigt, wächst Kraft Heinz vor allem durch Übernahmen. Zuletzt übernahme der Konzern den deutschen Gewürzhersteller “Just Spices”. Zudem verkündete Kraft Heinz im Dezember sein Nordamerika- und Kanada Geschäft zu bündeln, um mehr Synergien zu heben. Grundsätzlich für mich ein solides Geschäftsmodell, da Kraft Heinz aber weiter zu viel mit sich selber (Reorga) und der Integration von Zukäufen beschäftigt ist, gibt es hier nur zwei Punkte für eine neutrale Wertung. 

Die 200 Marken von Kraft Heinz bieten einen tollen Burggraben. Sehr viele Marken von Kraft Heinz sind aus keinem Supermarktregal wegzudenken. Allerdings wurde die Marken lange Zeit vernachlässigt.  Bernardo Hees, bis Mai 2019 CEO, hatte den Konzern sechs Jahre lang auf Rendite getrimmt, aber eben die Weiterentwicklung der Marken vernachlässigt. Die Marken bekamen ein angestaubtes Image. Trends wie Nachhaltigkeit, vegane Ernährung, ein Verzicht auf Konservierungsstoffe verpasste Kraft Heinz. Aus diesem Grund musste Kraft Heinz im Januar 2019 eine Wertberichtigung auf seine Marken in Höhe von 16 Milliarden Dollar für das Geschäftsjahr 2018 verkünden. Der Umsatz belief sich 2018 auf 26 Milliarden US-Dollar. Die Abschreibung war also gewaltig. Daraufhin musste der CEO gehen, seit Mai 2019 gibt es einen neuen CEO. Dazu gleich mehr. Seitdem sind viele Marken auf dem richtigen Weg. Für eine positive Wertung, ist es mir noch etwas zu früh. 2 Punkte mit Tendenz und Potenzial zu 3 Punkten.

Neuer CEO ist Miguel Patricio. Der Portugiese ist seit Mai 2019 CEO. Zuvor arbeitete er 20 Jahre für den Getränkegiganten Anheuser-Busch InBev. Er ist Marketing-Experte und war bei Anheuser-Busch lange Zeit CMO. Dann kündigte er, wollte sich im Bereich Private Equity versuchen, doch dann kam das verlockende Angebot. Sein strategischer Fokus: die Marken von Kraft Heinz in die Neuzeit heben. Auch digitale Trends wie Quick Commerce, das Bestellen von Lebensmitteln über eine App wie Gorillaz, wird eine wichtige Rolle spielen. In China hat Patricio für Anheuser-Busch aus Budweiser die wertvollste Biermarke gemacht, wie er selbst sagt. Nicht nach Volumen, sondern nach Umsatz. Es scheint als sei der richtige Mann am Steuer des Lebensmittelgiganten. Seit Ende März 2020 hat sich der Kurs fast verdoppelt. Von mir 3 Punkte für den CEO.

Kommen wir zum Punkt Kundenerfahrungen. Viele kennen die Marken von Kraft Heinz. Hauptkritikpunkt ist bereits wie gerade erwähnt, dass viele Marken etwas angestaubt sind. Durch neue Markenstrategie und auch Zukäufe wird aber aktiv am Markenimage gearbeitet. Für mich aktuell eine neutrale Wertung. Kommen wir zum Punkt Risiko. Kraft Heinz hat eine turbulente Zeit hinter sich. Ich habe hier einmal die Gewinn- und Dividendenentwicklung von Kraft Heinz aus dem Aktienfinder eingeblendet. Nach der Abschreibung des Markenwerts, hat Kraft Heinz noch immer nicht die Gewinnzahlen von zuvor erreicht. Auch die 2,5 Dollar Dividende aus 2018, scheinen erstmal nicht mehr erreichbar. Die Gefahr einer weiteren Dividendenkürzung ist auch nicht ganz vom Tisch. Immerhin werden aktuell bereits über 80% des Gewinns ausgeschüttet. Die Inflation sorgt für steigende Kosten, die aber im letzten Quartals noch durch steigende Preise ausgeglichen werden konnten. 

Die Schuldenquote konnte seit dem massiven Gewinnrückgang wieder auf nur 25% zurückgeführt werden. Ich habe euch hier auch die entsprechende Grafik aus dem Aktienfinder eingeblendet. Unilever beispielsweise hat eine (verzinste) Schuldenquote von fast 40%. Für mich sind die Risiken vertretbar und es gibt eine neutrale Wertung von zwei Punkten. Auf Seiten der Chancen sieht es für mich sehr gut aus. Wenn der, relativ neue, CEO das Ruder bei den Marken weiter herumreißen kann, ist noch einiges an Potenzial drin. Schauen wir doch an der Stelle auch mal in den fairen Wert beim Aktienfinder. Der berechnet bis 2024 ein Renditepotenzial von 54%. Das wären fast 16% pro Jahr. Nicht schlecht. Daher von mir 3 Punkte für die Chancen.

Im Vergleich zur Konkurrenz ist Kraft Heinz aktuell recht günstig. Kellogs, J.M. Smucker, Generall Mills, Mondelez oder auch Nestlé sind deutlich höher bewertet. Hier wird Kraft Heinz noch nicht ganz vertraut, dass sie final das Ruder herumgerissen haben. Für mich eine neutrale Wertung. Auch die Marktsituation würde ich als neutral bewerten. Tendenziell sind “Consumer Staples”-Werte wie Kraft Heinz in Zeiten steigender Inflation eigentlich sehr beliebt. Auch die Dividende ist mit über 4% attraktiv, allerdings fehlt vielen Investoren noch das Vertrauen, dass die Dividende auch in dieser Höhe bestehen bleibt. Auch hier eine neutrale Wertung.

Damit erhält Kraft Heinz im qualitativen Rational Handeln Score 95%. Hier könnt ihr auch nochmal alle Punkte auf einem Blick nachvollziehen. Zusammen mit den 74% aus dem qualitativen Score, kommt Kraft Heinz aktuell nur auf 169%. Damit ist die Aktie noch ein gutes Stück von den 200% entfernt, die das Unternehmen für mich zu einem Kaufkandidaten machen würden. Für mein Depot ist Aktie aktuell noch nichts. Aber ich finde, dass Kraft Heinz auf dem richtigen Weg ist. Wer gerne auf Comeback und Turnaround setzt, findet hier einen recht günstigen Lebensmittelgiganten, der wieder auf dem Weg in die Normalität ist. Es gibt viel Aufholpotenzial zur Konkurrenz, aber noch ist bei mir das Vertrauen noch nicht voll da. Ich würde mir erstmal auch wieder eine Steigerung der Dividende wünschen – bevor ich mir die Aktie wieder ansehe. 

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